Bow Valley Parkway, Lake Louise und Moraine Lake, Tag 10

Die letzte Nacht auf dem Campground Tunnel Mountain Village 2, der für drei Nächte unser Zuhause war, war etwas unruhig. An die immer wieder anspringende Heizung im Camper hatte ich mich noch nicht gewöhnt. Ohne Heizung wäre es aber in den Nächten viel zu kalt geworden. Nach dem Frühstück und einem heißen Kaffee ging es aber schon besser und da wir das Dumpen schon am Vorabend erledigt hatten, konnten wir zeitig losfahren. Das Tagesziel war Lake Louise – und zwar nicht über den Highway, den wir schon auf dem Hinweg nach Banff benutzt hatten, sondern über den Bow Valley Parkway.

Bow Valley Parkway

Der Bow Valley Parkway verläuft zwischen Banff und Lake Louise parallel zum Highway 1 auf der anderen Seite des Bow River. Wenige Kilometer hinter Banff zweigt diese Straße vom Highway ab. Die Höchstgeschwindigkeit auf der gesamten Strecke ist auf 60 km/h begrenzt und mit Blick auf die Natur rechts und links der Straße möchte man auch gar nicht schneller fahren. Wegen des benachbarten Highways gibt es hier auch niemanden, den man aufhalten könnte, schließlich entscheidet man sich bewusst für die landschaftlich schönere Strecke zulasten der Geschwindigkeit.

Upper Falls am Johnston Canyon

Nach einigen Zwischenstopps an Aussichts- und Informationspunkten hatten wir einen längeren Stopp am Johnston Canyon. Der Trail zu den Upper Falls ist nicht besonders anstrengend und mit seinen 2,7 Kilometern auch für Ungeübte gut zu laufen. Sich nach dem Zwiebelprinzig in mehrere Schichten zu kleiden, stellte sich dabei trotzdem schnell als richtige Entscheidung heraus. Im Gegensatz zu einigen anderen Spaziergängern hatten wir auch auf die allgegenwärtigen Bärenglöckchen verzichtet. Auf einem Trail, der so dicht von Touristen begangen wird, ist das ständige Klingeln überflüssig und mutet eher unbeholfen an. Über das eine odere andere klingelnde Pärchen haben wir uns dann auch köstlich amüsiert. Schön waren allerdings die zahlreichen Fotomotive am Weg.

Morant’s Curve, ein bekannter Aussichtspunkt am Bow Valley Parkway

Zurück am Camper haben wir den Rest des Bow Valley Parkways in Angriff genommen. Hinter jeder Kurve gab es wieder einen neuen fantastischen Ausblick, stark begünstigt durch das sich stetig verbessernde Wetter. Der Höhepunkt für mich war aber Morant’s Curve, ein bekannter Aussichtspunkt, auf dem Foto links zu sehen. Das Bild repräsentiert für mich genau das, was ich immer im Kopf hatte, als ich an die Rocky Mountains dachte: ein Fluss mit umgebendem Wald neben einer Bahnlinie und die Berge im Hintergrund. War es tatsächlich nur das Sinnbild meiner Vorstellung oder hatte ich genau dieses Bild schon gesehen? Nicht ganz unwahrscheinlich, schließlich gehört Morant’s Curve zu den meistgemalten und -fotografierten Motiven der Rocky Mountains.

Lake Louise

Blick über das Bow Valley auf Lake Louise

Wenige Kilometer weiter kamen wir schon nach Lake Louise. Der Ort selbst ist eigentlich nicht vorhanden. Es handelt sich lediglich um eine Tank-, Schlaf- und Einkaufsmöglichkeit in der Nähe des namensgebenden Sees. Wir haben uns dann auch erst mal einen Stellplatz auf dem Campground reserviert, ohne uns jedoch dort aufzuhalten. Stattdessen sind wir auf die gegenüberliegende Seite des Bow Valleys gefahren, zum Lake Louise Mountain Resort. Mit der dortigen Seilbahn „Lake Louise Gondola“ ging es für 26 CAD pro Person ein ganzes Stück den Berg hinauf und bei strahlendem Sonnenschein bot sich ein toller Ausblick über das Bow Valley bis zum Lake Louise auf der anderen Seite des Tals. Mit der Seilbahn ging es wieder nach unten. Wenn man sich für die offenen Sessel und gegen die geschlossenen Gondeln entscheidet, sollte man keine Höhenangst haben und wird dafür mit einem unverfälschten Blick auf das Panorama belohnt. Die Fahrt bergab endete so auch viel zu früh.

Das Bow Valley von der Seilbahn aus gesehen

Zurück durch das Tal ging es dann zum Lake Louise, den wir von oben schon deutlich sehen konnten. Selbst aus der großen Entfernung war das Hotel am See schon zu sehen und störte die ansonsten so malerische Landschaft. Als einer der Haupt-Touristikpunkte in den Rocky Mountains bekannt, kann man natürlich nicht erwarten, am See allein zu sein. Trotzdem waren wir ziemlich entsetzt, was uns bei der Ankunft am See erwartete. Trotz Nachsaison (22. September) war der Parkplatz am Nachmittag voll belegt und Unmengen von Reisebussen entluden immer neue Ladungen von Touristen. Was sich in Banff schon andeutete, wurde hier nervige Realität: Massen von Japanern buhlten mit deutschen Bustouristen um die besten Plätze an der Stelle, an der man den See zuerst erreicht. Den meisten schien es auch zu reichen, im Gewusel ein verwackeltes Foto zu machen und schnell wieder den Platz im Bus einzunehmen. Welche Lautstärke man dabei erreichen kann, ist phänomenal, aber nicht nur die Lautstärke sondern auch die schiere Menge und vor allem die Dreistigkeit der Japaner hat uns sehr überrascht.

Squirrel am Lake Louise

Zum Glück reichte es, wenige Meter seitlich um den See herum zu gehen, um zumindest dem größten Gedränge zu entgehen. Dem kleinen Squirrel schien der Trubel nichts auszumachen und so hatten wir dann wenigstens noch einen kleinen idyllischen Moment am Lake Louise. Das Hotel, ein unglaublicher Klotz, der heute wohl kaum noch so gebaut werden dürfte, hatten wir dabei im Rücken, sodass wir den Ausblick auf den See und die umgebende Bergwelt genießen konnten.

Moraine Lake

Moraine Lake

An verschiedenen Stellen hatte ich gelesen, dass der nur wenige Kilometer entfernt liegende Moraine Lake deutlich reizvoller als Lake Louise sein sollte und auch viel weniger überlaufen im direkten Vergleich. Natürlich ist auch der Moraine Lake nicht als Geheimtipp zu bezeichnen, auf der gewundenen Straße muss man aber als Busfahrer schon eine gewisse Leidensfähigkeit beweisen, um die Strecke zu bewältigen. Außerdem sind die Stellplätze begrenzt und im Zweifel muss man wieder umdrehen; an der Straße zum See kann man auf keinen Fall stehenbleiben.

Als wir ankamen, waren zwar noch einige Fahrzeuge auf dem Parkplatz, der See lag jedoch fast verlassen vor uns. Es hatte also ganz klar einen Vorteil, erst in den späteren Nachmittagsstunden loszufahren. Die tiefstehende Sonne, die sich gerade anschickte, hinter den Bergketten zu versinken, die den Moraine Lake umgeben, tat ihr übriges, um für einige schöne Fotos zu sorgen.

Moraine Lake

Vom Moraine Lake ausgehend gibt es einige Trails, die man in Angriff nehmen könnte. Für uns war das allerdings aus zwei Gründen ausgeschlossen: Erstens werden wir wohl kaum am späten Nachmittag auf eine mehrstündige Strecke aufbrechen und zweitens war gerade Beerenzeit und der Weg, der vom See wegführte, durfte wegen eines in der Nähe gesichteten Grizzlys (eine Bärin, wenn ich mich recht erinnere) nur in Gruppen ab vier Personen begangen werden. Interessant war das Gesicht eines gerade zukückkehrenden Pärchens, das den Hinweis erst beim Verlassen des Trails entdeckte. Ein Grund mehr, sich vor Ort immer bei der Touristen-Information nach aktuellen Sperren oder Besonderheiten zu erkundigen. Auch in diesem gut erschlossenen Teil der Rocky Mountains gehört eben alles abseits der Städte den Wildtieren. Nachdem wir noch einige Zeit am See verbracht hatten, inklusive eines netten Smalltalks mit einer amerikanischen Fotografin, machten wir uns dann auf den Weg zum bereits reservierten Campground im Tal.

Der Bow River neben dem Lake-Louise-Campground

Auf dem Campground sind wir dann noch über einen Trampelpfad durch die wenigen Meter Gebüsch gegangen, die unsere Campsite vom Bow River trennten. Gegenüber war das komplett mit Bärenzäunen umgebene Gebiet für die Zeltcamper zu sehen. Durch das flache Wasser konnte man dank knöchelhoher und jetzt erwiesenermaßen wasserdichter Treckingstiefel gut laufen und so konnte man auch mal aus der Flussmitte (na ja, fast) fotografieren.

Der Campground am Lake Louise ist wirklich schön gelegen und hat angenehme Stellplätze. Weniger angenehm ist die sehr nah verlaufende Bahnlinie. Die nächtlich verkehrenden Güterzüge kündigen sich sehr geräuschvoll an und verhindern durch ihre schiere Länge auch eine schnelle Rückkehr in den Schlaf. Aber vermutlich kann man sich auch daran schnell gewöhnen und wer nicht müde genug zum Schlafen ist, hat einfach zu wenig Kilometer gemacht.