Whale-Watching von Victoria aus, Tag 3

Für den dritten Tag haben wir uns bereits von Deutschland aus ein komplettes Tagesprogramm gebucht, das nebenbei gesagt abgesehen von Flug, Hotel und natürlich Übernahme und Rückgabe des Campers auch schon der einzige Fixpunkt der Reise war. Wie jeder gute Kanada-Tourist sind natürlich auch wir zu einem Whale-Watching-Ausflug verpflichtet – und wie das so ist bei Dingen, die man tun muss, möchte man die natürlich möglichst angenehm verbringen.

So hatten wir uns dann für eine Tour mit der Bezeichnung „Fly to the Whales, Return by Coach and Ferry“ entschieden. Im Klartext: Vom Float-Plane-Terminal im Hafen von Vancouver direkt neben dem Canada Place fliegt man mit dem Wasserflugzeug nach Vancouver Island, genauer gesagt direkt in den Hafen von Victoria. Dort steigt man um auf ein Zodiac, mit dem eine mehrstündige Whale-Watching-Tour unternommen wird, bevor man dann wieder in Victoria anlegt. Die Rückreise nach Vancouver geht dann per Bus und Fähre, wobei die Busse alle zwei Stunden vom zentral gelegenen Busbahnhof abgehen. Man ist also ziemlich frei in der Wahl der Zeit, die man nach dem Ausflug noch in der Hauptstadt British Columbias verbringen möchte.

Wasserflugzeug im Hafen von Vancouver

Doch der Reihe nach: Am Vortag hatten wir telefonisch den Flug bestätigt und bekamen 8.40 Uhr als Startzeit mitgeteilt. Das Float-Plane-Terminal ist von unserem Hotel aus locker in 20 Minuten zu Fuß zu erreichen und nach einem kleinen Frühstück im Hotelzimmer ging es los. Der Check-in lief freundlich und problemlos, allerdings wurde ein Fehler gemacht: Wir bekamen auch Tickets für einen Rückflug, hatten aber die oben beschriebene Bus/Fähre-Kombination gebucht, die wir auch gern wahrnehmen wollten. Nach entsprechendem Hinweis wurden die Tickets aber anstandslos geändert und die Tour konnte stattfinden wie geplant.

Der Start war pünktlich und überraschend ruhig. Das hatte ich mir deutlich rauher vorgestellt, tatsächlich war jedoch der Start ebenso wie der 25-minütige Flug und die Landung bemerkenswert ruhig und selbst meine von Flugangst gequälte Frau hatte einen entspannten Flug. Leider war es etwas diesig, sodass der Blick aus dem Fenster nicht ganz so spannend war, wir wir gehofft hatten.

Das Whale Watching in Victoria

Die Anlegestelle im Hafen von Victoria war direkt beim Veranstalter der Whale-Watching-Tour, sodass weder ein längerer Fußweg noch Transfer anfielen. Stattdessen wurde man sofort für das Zodiac registriert und nach kurzer Wartezeit begann es mit der Verteilung der wasserdichten Anzüge für die Fahrt. Generell kann man sagen, dass beim Unternehmen Seafun Safaris (Anm: Die gibt es dort anscheinend nicht mehr) alles bestens organisiert ist und die Mitarbeiter durchweg freundlich und engagiert sind.

Im Besonderen gilt das für unseren Guide Chris, der uns freundlich, sachkundig und mit Witz durch die dreieinhalbstündige Tour führte. Gleich beim Einstieg und Auswahl der Sitzplätze konnte man sich zwischen den „bumpy seats“ und den „very bumpy seats“ entscheiden. Um maximale Sicht zu haben, musste es für uns dann die erste Reihe sein, also die „very bumpy seats“, die zu allem Überfluss noch am besten im Wind liegen. Durch die Anzüge, die nicht nur wasser- sondern auch winddicht und dick sind ist man aber zusammen mit den Handschuhen und Mützen, die an Bord verteilt werden, bestens geschützt. Trotzdem kann der Fahrtwind im Gesicht bei gut 65 Stundenkilometern ganz schön kalt werden.

Harbor Seal (Seehund, auch Rock Sausage genannt)

Kurz nach dem Verlassen des Hafens von Victoria war mit einigen Kormoranen das erste Wildlife zu sehen. Ein paar Felsen weiter lag dann auch gleich das erste „Rock Sausage“, wie die Seehunde, die Harbor Seals, von den Einheimischen genannt werden. Auf dem nebenstehenden Foto ist auch gut zu erkennen, warum das so ist. Die Seehunde liegen auf den Felsen und halten Kopf und Flossen in die Luft, um möglichst wenig Körperkontakt zu den kalten Felsen oder gar zum Wasser zu haben. So liegen sie nur mit dem Bauch auf und durch die hochgereckten Körperenden bieten sie tatsächlich den Anblick eine Würstchens. Die Tiere sind sehr neugierig und offensichtlich den Besuch der Touristenboote gewohnt. Unser Guide war aber sehr darauf bedacht, einen ausreichenden Abstand zu den Tieren einzuhalten, sodass sie sich auch durch uns nicht bedroht fühlen mussten. Auch das ein Beispiel von dem verantwortungsvollem Tourismus, der bei Seafun Safaris praktiziert wird.

Ein Stück weiter konnten wir einen jungen Grauwal beobachten, allerdings aus großer Entfernung. Die Fotos dieser Begegnung sind leider wenig aussagekräftig. Wir haben dann auch bald den Weg fortgesetzt zu unserem eigentlichen Ziel, einem Punkt vor San Juan Island in US-Gewässern („Keep your passports ready“). Dort sollten wir einige Mitglieder der stationären Pods sehen, also Gruppen von Orcas, die ganzjährig in den Gewässern rund um Vancouver Island leben. Drei dieser Pods gibt es dort mit derzeit 87 registrierten Orcas.

Orcas

Orca im Küstengewässer von San Juan Island

Die Orcas, die in Kanada übrigens konsequent als „Killer Whales“ bezeichnet werden, ohne dass es eine vorgeschobene Political Correctness gäbe, die das verbietet, haben wir dann auch in großer Zahl und teils aus ziemlicher Nähe beobachten können. Ich schätze mal, dass wir ca. 20 unterschiedliche Tiere
gesehen und fotografiert haben. Teils waren die Orcas sehr ruhig unterwegs, die meisten waren jedoch offensichtlich mit der Jagd nach den zu dieser Jahreszeit reichlich vorhandenen Lachse beschäftigt.

Orca im Küstengewässer vor San Juan Island

Was mir völlig neu war: Die stationären („resident“ Orcas leben ausschließlich von den Fischen der Gegend, während die durchziehenden („transient“) Orcas fast ausschließlich von anderen Meeressäugern leben, also z. B. Seelöwen, Delfinen und kleinen Walarten. Ebenfalls neu und überraschend für mich war die Tatsache, dass sich diese beiden Gruppen trotz der zeitweisen räumlichen Nähe nicht untereinander kreuzen und das genetischen Untersuchungen nach auch schon seit mindestens 10.000 Jahren nicht mehr getan haben.

Orca im Küstengewässer vor San Juan Island

Waren anfänglich einige andere Boote in der Nähe, hatten wir durch die etwas längere Tour (dreieinhalb statt der üblichen drei Stunden) und der kräftigen Motoren am Zodiac etwas mehr Zeit zur Verfügung und konnten so noch einige Zeit in quasi exklusiver Gesellschaft mit den Orcas verbringen. Da wir dabei weitestgehend getrieben sind und nur selten kurz die Motoren liefen, hatte diese Zeit etwas sehr Friedliches und Entspannendes. Nur das Klicken der Fotoapparate und die interessanten Informationen unseres Guides störten die Ruhe dieser Walbeobachtung.

Am Ende bekam unser Guide per Funk noch einen Hinweis auf einen Buckelwal der sich in der Gegend aufhielt. Leider war es aber zeitlich nicht mehr zu schaffen, den Punkt zu erreichen. Wir haben also noch ein paar Minuten an Ort und Stelle verbracht und dann ging es mit hohem Tempo auf dem direkten Weg Richtung Victoria. Trotz der Zusicherung, dass es in Victoria niemals regnet („and the socks in our Birkenstocks stay dry all year round“), fielen schon bald die ersten Regentropfen, die sich bei dieser Geschwindigkeit anfühlten wie Nadelstiche. Wir waren sehr froh, als wir dann endlich in Victoria angekommen waren. Auf dem Weg wurden wir noch kurzzeitig von Schweinswalen (Dall’s Porpoise) begleitet. Die weniger quirligen Verwandten (Harbor Porpoise) durften wir schon auf der Hinfahrt treffen.

Victoria

Leider hielt der Regen an und wir hatten dementsprechend wenig Freude daran, die Stadt zu Fuß kennenzulernen. Zum Aufwärmen nach der Whale-Watching-Tour ging es dann erst einmal in ein nettes Café zu Caffe Latte und tollem Gebäck. Diese Zeit wurde dann noch genutzt, um telefonisch für den nächsten Tag den Transfer zu Fraserway zu organisieren, dem Vermieter unseres Motorhomes, das uns die nächsten 16 Tage ein Zuhause bieten sollte. Da sich das Wetter nicht zu bessern schien, haben wir uns dann für die zeitige Rückfahrt entschieden und gingen zum Busbahnhof, wo unser Linienbus, mit dem wir zur Fähre und nach der Überfahrt nach Vancouver gebracht wurden, schon bereit stand.

Die Rückfahrt verlief sehr unspektakulär. Der Wegabschnitt auf Vancouver Island war wegen des schlechten Wetters kaum zu genießen und auch die vielversprechende Fahrt mit der Fähre war nur halb so schön, wie sie bei besserem Wetter hätte sein können. So war von der Inselwelt der Strait of Georgia leider wenig zu sehen. Vom Fähranleger aus ging es dann mit dem Bus nach Downtown wo wir in angenehmer Gehweite vom Hotel aussteigen konnten. Auf dem Rückweg haben wir uns noch Shewarma-Wraps aus einem Imbiss an der Robson Street gegönnt, die einfach köstlich schmeckten.